Thomas Kutschaty besucht Thyssen Krupp in Neubeckum

Einig waren sie sich nach dem Besuch beim Thyssen Krupp-Standort in Neubeckum vor allem in einem: Eine Zerschlagung des Konzerns, über die in den vergangenen Wochen immer wieder spekuliert wurde, müsse in jedem Fall verhindert werden. Der Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion Thomas Kutschaty nannte eine Zerschlagung die „denkbar schlechteste Lösung“, der heimische Bundestagsabgeordnete Bernhard Daldrup sprach von einem „hohen Risiko für die Beschäftigten“ und Robert Bange von der IG Metall sah darin den „größten anzunehmenden Unfall“. Thyssen Krupp sei mit der Mischstruktur aus verschiedenen Sparten, wie Anlagenbau und Aufzugsbau, seit über 200 Jahren erfolgreich, betonte Kutschaty. Er forderte daher von Ministerpräsident Armin Laschet, der in der mit 23 Prozent am Unternehmen beteiligten Krupp-Stiftung aktiv ist, ein deutliches Signal für die Zukunft des Konzerns in seiner aktuellen Struktur.

Das ursprüngliche Anliegen seines Besuchs war allerdings ein anderes: Der SPD-Politiker wollte sich in der zweiten Woche seiner Sommertour durch NRW über die Mitbestimmung in großen Firmen informieren. Am Standort Neubeckum habe er einen „hochengagierten Betriebsrat“ vorgefunden und ein Unternehmen in dem die Zusammenarbeit zwischen Geschäftsführung und Arbeitnehmern gut funktioniere. Das zeige sich auch darin, dass das Unternehmen mit einer Beschäftigungsgarantie bis 2020 für alle 1600 Mitarbeiter und einer vorbildlichen Ausbildungsquote von sechs Prozent soziale Verantwortung übernehme. Robert Bange, Gewerkschaftssekretär der IG Metall, hatte vom Betriebsrat allerdings auch den Wunsch nach einem Ausbau der Mitbestimmungsmöglichkeiten vernommen: In einer veränderten Arbeitswelt mit sich wandelnden Konzernstrukturen ermögliche das Betriebsverfassungsgesetz in seiner aktuellen Form zu wenig Durchgriffsmöglichkeiten. „In der Theorie soll der Betriebsrat beispielsweise bei einer Verlagerung der Produktion über das Ob, Wann und Wie entscheiden. In der Praxis sind es jedoch nur das Wann und Wie“, erläuterte er. Sei die Konzernführung weniger kooperativ als im Falle von Thyssen Krupp, werde die Arbeitnehmerbeteiligung somit schwierig, erläuterte Bange.

Doch auch externe Herausforderungen wurden beim Besuch deutlich. Die Landtagsabgeordnete und Umweltpolitikerin Annette Watermann-Krass wies etwa auf die CO2-Belastung der in Neubeckum produzierten Zementanlagen hin. Länder, welche die Auswirkungen von Umweltbelastungen bereits stärker spürten, setzen bereits jetzt schon „ganz klare Grenzen“ – gesetzliche Standards, die dann auch ein international agierender Konzern wie Thyssen Krupp erfüllen müsse. Die Idee der Zukunft, an der die Ingenieure in Neubeckum arbeiteten, sei daher ein „grünes Zementwerk“, in dem Kohlenstoffdioxid in der Produktion wieder verwendet werde und somit nicht in die Umwelt gelange. Auch die Weltmarktkonkurrenz aus China beschäftige das Unternehmen, konnten die Politiker im Gespräch erfahren. Doch man blicke gelassen in die Zukunft, schließlich sei der Zusatz „Polysius“ bei Anlagen von Thyssen Krupp, wie Bernhard Daldrup formulierte, eben „ein Qualitätsmerkmal – wie der Maybach von Mercedes“.