Im ersten Halbjahr dieses Jahres leitete der Zoll bundesweit bereits 9.251 Ermittlungsverfahren in der Baubranche ein. Das geht aus einer Antwort des Bundesfinanzministeriums auf eine Anfrage des Warendorfer Bundestagsabgeordneten Bernhard Daldrup (SPD) hervor, die dieser Redaktion vorliegt. Im Vorjahreszeitraum waren es 7.430 Verfahren, allerdings fanden wegen der Corona-Lage auch weniger Kontrollen statt. „Die aufgedeckten Verstöße sind nur die Spitze des Eisbergs. Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung gehören zum Alltag auf dem Bau“, beklagt Carsten Burckhardt vom Bundesvorstand der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU). Wegen des wachsenden Kostendrucks erwarte er, dass unseriöse Firmen verstärkt auf Lohndumping setzen sowie Steuern und Sozialabgaben hinterziehen.
Die für den Staat entstandene Schadenssumme beläuft sich in der ersten Hälfte dieses Jahres bereits auf rund 161 Millionen Euro. SPD-Politiker Daldrup: „Das Geld könnte gerade in der aktuellen Zeit für wichtige soziale Aufgaben verwendet werden.“ Außerdem zeigten die Zahlen, dass mit Arbeitnehmern auf dem Bau hierzulande zu oft nicht fair umgegangen werde.
Daldrup beklagt auch noch ein weiteres Problem: „Die vielen Unternehmen der Bauwirtschaft, die sich korrekt verhalten, werden im Wettbewerb benachteiligt und betrogen.“
Die Gewerkschaft IG Bau fordert vor diesem Hintergrund eine deutliche Aufstockung der Abteilung „Finanzkontrolle Schwarzarbeit“ beim Zoll. Es müsse deutlich häufiger kontrolliert werden. SPD-Politiker Daldrup plädiert auch dafür, die Strategie anzupassen: „Stehen die richtigen Unternehmen im Fokus? Und ist die Art und Weise der Kontrollen ausreichend?“ Nach Ansicht der IG BAU brauche es ein Sündenregister, um straffällig gewordene Firmen zukünftig von der öffentlichen Auftragsvergabe auszuschließen. Vorstandsmitglied Burckhardt bringt zudem eine übergeordnete staatliche Arbeitsinspektion ins Gespräch. Eine solche Behörde für „Arbeitskontrolle aus einer Hand“ habe sich in Frankreich und Spanien bewährt.