Kreis Warendorf. Es läuft nicht gut für die SPD. Die Umfragewerte sind schlecht. Der Kanzler, den die SPD stellt, wird kaum wahrgenommen. Und die Ampel verliert mehr und mehr an Zustimmung. Bernhard Daldrup ist dennoch zuversichtlich. Mit dem Bundestagsabgeordneten sprach Redakteurin Beate Kopmann.
In Umfragen liegt die SPD aktuell hinter der AfD. Ist die selbst ernannte Fortschrittskoalition schon am Ende?
Daldrup: Monate vor der letzten Bundestagswahl hatten wir Umfragewerte, wie wir sie jetzt wieder haben. Und wenn ich damals jemandem erzählt hätte, dass die SPD stärkste Fraktion, Olaf Scholz Kanzler wird und die SPD die Bundestagspräsidentin stellt, hätten mich alle ausgelacht. Aber so ist es gekommen. Darum bin ich zuversichtlich. Dennoch ist das gute Abschneider der AfD dramatisch.
Warum schaffen die Ampelpartner es nicht, Vertrauen zurückzuholen?
Daldrup: FDP und Grüne beargwöhnen sich unglaublich. Die Grünen haben viele Positionen verändert, die Liberalen haben schnell unter schlechten Ergebnissen bei Landtagswahlen gelitten. Und das hat wohl mit dazu geführt, dass Finanzminister Christian Lindner sich jetzt als der Gralshüter des Haushalts versteht.
Das Bild, das die Ampel abgibt, stärkt jedenfalls nicht das Vertrauen in die Demokratie.
Daldrup: Der Streit der Ampelpartner verstört viele. Aber ich stelle auch generell eine Entfremdung zwischen Bürgern und Politik fest. Es gibt ein Auseinanderdriften von denen, die Politik machen und denen, die Politik betrifft. Unsere Vermittlungsinstanzen, zum einen die politischen Parteien, aber auch Verbände, Gewerkschaften oder die Kirchen sind nicht mehr Orte der gesellschaftlichen Auseinandersetzung, sondern häufig die sozialen Medien. Die Debatten dort sind oft sehr problematisch. Ich bedauere das sehr, denn wir hören uns heute nicht mehr zu.
Dabei ist Olaf Scholz im Wahlkampf mit der Forderung nach mehr Respekt angetreten. Aber man hört jetzt wenig vom Kanzler.
Daldrup: Er hat eine eher moderierende Art. Darüber bin ich froh in Zeiten, in denen es um Krieg und Frieden geht. Ich wünsche mir jetzt wirklich nicht mehr Säbelrasseln, wie es Anton Hofreiter und Frau Strack-Zimmermann fordern. Es muss gelingen, dass die Waffen schweigen. Ein jahrelanger Stellungskrieg kann keine Lösung sein. Und an den Beispielen Getreideabkommen und Gefangenenaustausch kann man sehen, dass Diplomatie durchaus etwas bewegen kann.
Im Moment sorgen sich Wirtschaftsvertreter auch um die Gefahr eine Deindustrialisierung Deutschlands.
Daldrup: Das ist eine typisch deutsche Debatte. Der US-Chiphersteller Intel investiert gerade Millionen in Magdeburg. Und Tesla baut in Brandenburg die größte Autofabrik Deutschlands. Das sind amerikanische Unternehmen, die an die deutsche Wirtschaft glauben. Thyssen Krupp wird klimaneutral Stahl produzieren, ein gewaltiger Schritt zur Sicherung des Industriestandortes. Wir sind in vielen Dingen viel zu pessimistisch.
Gilt das auch für das viel kritisierte Heizungsgesetz?
Daldrup: Dabei sind handwerkliche Fehler gemacht worden. Ein erster Entwurf ist zielgerichtet an die Bildzeitung gegeben worden. Dann kam die Kampagne „Habeck holt die Heizungen aus dem Keller.“ Und schließlich war der erste Aufschlag leider nicht technologieoffen. Das ist aber korrigiert. Niemand wird gezwungen, Wärmepumpen einzubauen.
Trotzdem haben im Moment viele Menschen Angst vor großen Wohlstandsverlusten.
Daldrup: Stimmt. Aber die Gründe für mögliche wirtschaftliche Einbußen sind vielfältig. Dass zum Beispiel die Solarindustrie aus Deutschland abgewandert ist, geht nicht auf das Konto der SPD. Deutschland hat sich das Ziel gesetzt, bis 2045 klimaneutral zu sein. Wenn wir dieses Ziel erreichen wollen, können wir nicht weiter machen wie bisher. Die Zeitenwende, die der Kanzler ausgerufen hat, bezieht sich nicht nur auf den Krieg in der Ukraine. Wenn wir jetzt nichts machen, wird es am Ende jedenfalls teurer – für alle.
Dann ist das vor allem ein Kommunikationsproblem?
Daldrup: Nein, allein nicht. Wir müssen soziale Sicherheit schaffen. Angefangen vom Mindestlohn, dem Kindergeld über Bürgergeld bis zur Rente passiert das auch. Ich bin überzeugt, dass wir mehr Akzeptanz erreichen werden, wenn wir die Politik den Bürgern vernünftig erklären. In meiner Fraktion bin ich zuständig, wenn es um Wärmeplanung geht. Eine große Aufgabe für die Kommunen. Und ich bin sehr zuversichtlich, dass das in die richtige Richtung geht. Zuversichtlich bin ich im Übrigen auch, was die Zukunft der SPD betrifft. Und selbst die CDU dürfte inzwischen erkannt haben, dass sie mit Friedrich Merz an der Spitze keinen Machtwechsel schaffen wird. Die Christdemokraten werden ja gar nicht als Alternative zur Regierung angesehen.